Die Sammlung - PICASSO IN DER FOTOGRAFIE
Picasso in der Fotografie
Pablo Picasso war der meistfotografierte Künstler des 20. Jahrhunderts. Scheinbar bereitwillig öffnet Picasso einigen ausgewählten Fotografen den Zugang zu seiner privaten, familiären Sphäre. Die größten und bedeutendsten Porträtfotografen des 20. Jahrhunderts haben den Spanier fotografisch verewigt. Picasso gewährte aber auch damals noch unbekannten, ganz am Anfang ihrer Karriere stehenden Fotografen Einblicke in seine Privatsphäre und künstlerische Arbeit. So durfte der junge amerikanische Fotograf David Douglas Duncan Picasso mit der Kamera über die Schulter schauen, als dieser 1957 in schnellem schöpferischen Staccato die Grafiken für das Stierkampflehrbuch La Tauromachia schuf.
Die im Kunstmuseum Pablo Picasso Münster versammelten Werke von David Douglas Duncan, Arnold Newman, Edward Quinn, Robert Capa, Irving Penn und Lucien Clergue bieten einen repräsentativen Querschnitt. Sie machen deutlich, dass Pablo Picasso ein unerreichter Meister der medialen Selbstinszenierung war. Oftmals bezeugen sie, wie der Spanier seine Vorstellungen von künstlerischer Genialität effektvoll vor der Linse der Fotografen inszenierte. Im besten Fall waren die Fotositzungen ein schöpferischer „pas de deux“ zwischen einem begabten Fotografen und dem überaus talentierten Selbstdarsteller Picasso.
David Douglas Duncan – Der Hausfreund
Der 1916 in Kansas City (Missouri) geborene Fotograf David Douglas Duncan (kurz DDD) traf Picasso erstmalig im Jahr 1956. Damals hatte er sich bereits als Kriegsfotograf einen Namen gemacht. Sein Fotobuch This is war über den Koreakrieg hatte in der amerikanischen Öffentlichkeit mit seinen antimilitaristischen, anprangernden Bilden eine Kontroverse ausgelöst. Ähnlich kritischen Tenor haben seine Fotodokumentationen über den Vietnam-Krieg.
Picasso, der DDD anlässlich ihres ersten Treffens in der heimatlichen Badewanne empfängt, entwickelt eine Freundschaft zum amerikanischen Fotografen. Es entstehen in den folgenden Jahrzehnten zahlreiche Fotobücher, in denen DDD Picasso in seiner unmittelbaren Lebens- und Schaffenssphäre präsentiert.
2011 widmet das Kunstmuseum Pablo Picasso Münster dem amerikanischen Fotografen im Rahmen einer internationalen Ausstellungskooperation eine Präsentation unter dem Titel „Picasso bei der Arbeit – Durch die Linse von David Douglas Duncan.“
Der im Sommer 2018 verstorbene DDD hat dem Münsteraner Museum im Jahr 2014 eine großzügige Schenkung in Gestalt von 156 Picasso-Fotografien gemacht.
Vita
David Douglas Duncan
1916 | Duncan wird am 23. Januar 1916 in Kansas City, Missouri geboren. Seine Kindheit war von seinem Interesse an der Natur geprägt, was ihm früh den Eagle Scout, die höchste Auszeichnung der Boy Scouts of America einbrachte. |
1934 | Duncan studierte kurzzeitig Archäologie an der University of Arizona in Tucson. Seine Schwester Jean schenkt ihm zum 18. Geburtstag seine erste Kamera, eine Univex Model A aus Bakelit für 39 Cent. Während Duncan einen Hotelbrand in Tucson fotografiert, lichtet er inmitten der flüchtenden Hotelgäste zufällig auch den gesuchten Bankräuber und „Staatsfein Nr. 1“, John Dillinger, ab, als dieser versucht, wieder in das brennende Hotel zu gelangen, um einen Koffer zu retten. Der Koffer enthielt die Beute eines Banküberfalls, bei dem ein Polizist erschossen worden war. |
1935 | Wechsel and die University of Miami in Coral Gables, wo er 1938 seinen Bachelor of Arts in Zoologie und Spanisch ablegt. |
1939-41 | Reist für verschiedene Fotoreportagen in die Karibik und nach Südamerika. |
1942 | Duncan wird zum Kriegsdienst eingezogen und am 17. Februar 1943 als Second Lieutenant der Reserve im US-Marine Corps vereidigt. |
1943 | Im Anschluss an die Grundausbildung wird er als Berichterstatter in den Südpazifik entsandt. |
1946 | Einen Monat nach seiner Entlassung aus dem Militärdienst wird Duncan vom Redakteur Wilson Hicks als neuer Fotograf im Team der Zeitschrift Life eingestellt. Für Life reiste Duncan in den folgenden zehn Jahren quer durch den Nahen Osten, Europa, Asien und Afrika und ist abwechselnd in Kairo, Istanbul und Rom ansässig. |
1947/48 | Duncan dokumentiert in Indien das Ende der britischen Kolonialherrschaft und die Gründung des Staates Israel. |
1950 | Der Fotograf dokumentiert von Juli 1950 bis Januar 1951 den Koreakrieg (25. Juni 1950 bis 27. Juli 1953). |
1951 | Wird sein erstes Fotobuch This Is War! A Photo Narrative of the Korean War veröffentlicht. Die Einnahmen kamen Witwen und Kindern von Soldaten zugute, die in dem Konflikt zu Tode kamen. |
1956 | Durch Vermittlung von Robert Capa lernt Duncan Pablo Picasso kennen. Zwischen den beiden Männern entsteht eine enge Freundschaft und Duncan wird den Jahrhundertkünstler bis zu dessen Lebensende portraitieren. |
1957 | Duncan entwirft das erste Fotobuch über Pablo Picasso. |
1958 | Veröffentlichung The Private World of Pablo Picasso (deutsch: Die private Welt von Pablo Picasso). |
1961 | Duncan zieht nach Südfrankreich. Veröffentlichung von Picasso’s Picassos. |
1966 | Mit seinem Bildband Yankee Nomad legte Duncan eine Autobiografie mit einer Auswahl seiner bekanntesten Bilder vor. |
1967 | Für Life dokumentiert Duncan den Vietnamkrieg (1955 bis 1. Mai 1975). Es entstehen die kritischen Fotobände I Protest! (1968) und War Without Heroes (1970). Duncan verlässt seine Neutralität und kritisiert die US-Regierung für die Handhabung des Krieges. |
1974 | Ein Jahr nach dem Tod des Künstlers veröffentlicht Duncan den Fotoband Goodbye Picasso, zwei Jahre später The silent studio (deutsch Adieu Picasso, 1982) mit Fotos aus Picassos letztem Haus in Notre-Dame-de-Vie in Mougins. |
1980 | Veröffentlichung Viva Picasso (deutsch Viva Picasso. Zu seinem 100. Geburtstag, 1984). |
1988 | Veröffentlichung: Picasso und Jacquline. |
1996 | Veröffentlichung Picasso paints a portrait. |
2003 | Neuauflage des in 1966 veröffentlichten Buches “Yankee Nomad” unter dem Titel Photo Nomad. |
2006 | Veröffentlichung Picasso & Lump. A Dachshund’s Odyssey. |
2011 | Ausstellung Kunstmuseum Pablo Picasso Münster “Picasso bei der Arbeit – Durch die Linse von David Douglas Duncan“. |
2018 | Am 7. Juni verstirbt Duncan im Alter von 102 Jahren in Grasse, Frankreich. |